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Die sauren Jungs

Die sauren Jungs

 

Züritipp, 9.7. - 20.7.2020

Die sauren Jungs
von Claudia Schmid


Die Zürcher Lorenz Pfrunder und Adrian Hoenicke verarbeiten Biogemüse aus der Region zu eingelegten oder fermentierten Delikatessen. Damit transportieren sie eine alte Tradition ins Hier und Jetzt.

Der Start von Suur klingt wie die erfundene Anekdote eines Marketingprofis, ist aber wahr: Vor bald zwei Jahren lernten sich Lorenz Pfrunder und Adrian Hoenicke bei einem Raclette-Essen kennen. Beide hatten unabhängig von einander ein selbst gemachtes, einge-machtes Foodmitbringsel dabei. Sie waren der Meinung, dass beim Raclette mehr Beilagen möglich sind als saure Gurken und Silberzwiebeln. Kurz danach trafen sie sich in Lorenz’ Küche, um «eine Ladung Gemüse zu ver-arbeiten», wie Adrian Hoenicke erzählt. Aus dem Abend wurde eine Freinacht des Einlegens und Fermentierens: Bis um 6 Uhr morgens zerkleinerten sie in einem beispiellosen Flow Gemüse und tauschten erste Ideen aus. «Wenn wir in dieser Nacht gescheitert wären, hätten wir wohl nicht weitergemacht», sagt Adrian Hoenicke.


Heute, ein gutes Jahr später, findet man die Suur-Gläser in über 20 Comestibles- und Bioläden, im eigenen Webshop oder auf Farmy.ch, einem Bestellservice für regionale Produkte. (Dessen Umsatz hat sich, wie diese Woche bekannt wurde, während Corona vervierfacht). Aus den Quereinsteigern – Pfrunder, Mitte dreissig, hat Islamwissenschaften studiert, Hoenicke, Ende vierzig, war in der Werbung tätig – sind mittlerweile engagierte Foodunternehmer geworden. Mehrmals wöchentlich stehen sie in ihrer Produktionsküche in Schwamen-dingen, schnippeln Gemüse und verarbeiten je nach Saison Radiesli, Randen, Quitten oder Sauerkraut. Dabei legen sie Wert auf spezielle Rezepturen: Die gepickelten Randen mit Honig, Lorbeerblättern und Fenchelsamen basieren auf dem persischen Rezept einer Freundin. Der knackige Rosenkohl ist in Weissweinessig eingelegt und dürfte wohl auch bisherige Verschmäher bekehren. Die Quitte bekommt dank Kardamom einen orientalischen Touch. Während die eingelegten Produkte «nur» blanchiert und mit heissem Essig begossen werden, kommen bei den fermentierten Spezialitäten – etwa Kimchi mit Wirz – Milchsäurebakterien zum Einsatz.

Damit diese arbeiten können, wird dem Gemüse zwei Prozent Salz beigefügt. «Iodiertes Speisesalz funktioniert allerdings nicht, das hemmt den Fermentierungsprozess», sagt Adrian Hoenicke. Viel besser sei Fleur de Sel oder Alpensalz. Danach lässt man das zerstampfte Gemüse unter Ausschluss von Sauerstoff während vier Wochen gären. Uralte Technik, keine grosse Zauberei – und doch so begehrt wie noch nie. So gibt es kaum ein Restaurant, das derzeit nicht auf selbst gemachte Pickles und Fermentiertes verzichtet. Trotzdem: «Was wir machen, ist weder kompliziert noch innovativ, noch neu», sagt Lorenz Pfrunder und lacht. Dazu Hoenicke: «Wir setzen einfach um, was früher schon die Bäue- rinnen gemacht haben, und geben dem Ganzen einen urbanen Auftritt.»

Tatsächlich sind die Etiketten oder die Website von Suur modern und ansprechend gestaltet; der Instagram-Account ist informativ. Man findet dort auch die Grund-sätze der Suur’schen Philosophie. So verzichten die Jungs bewusst darauf, ihre Produkte zu pasteurisieren: Erhitzt man beispielsweise Sauerkraut, werden wertvolle, verdauungsfördernde Milchsäurebakterien vernichtet, das wertvolle Vitamin C wird abgebaut. Angst vor Verdorbenem müsse man nicht haben, sagt Hoenicke: «Fermente kann man gekühlt unbedenklich mindestens ein Jahr lang lagern.» Die Suur-Jungs verarbeiten nicht nur sämtliche Zutaten aus der Region in Handarbeit; sie beschaffen sie auch selbst, was auch die Preise rechtfertigt – ein Glas kostet knapp 10 Franken. «Bio-Rosenkohl aus der Region», so Lorenz Pfrunder, «kostet nun einfach sehr viel mehr, als konventionelle Importware». Der grösste Teil des Gemüses stammt vom Biohof Grumolo Verde in Eggenwil AG. Dort arbeitet Lorenz Pfrunder zwei Tage pro Woche als Gemüsebauer. Zuvor beim EDA tätig, hat er vor drei Jahren die Branche gewechselt und beschäftigt sich schon länger mit einer nachhaltigen Landwirtschaft. Immer wieder landen auch Sorten vom Biohof im Glas, die sonst handelsuntauglich wären. Selbst angebautes, saisonales Biogemüse aus der Nähe, das sonst im Abfall landen würde und haltbar gemacht wird – der geschlossene Kreislauf und die Klimabilanz von Suur ist fast schon unheimlich vorbildlich. Damit das so bleibe, sagen die Einmacher, werde sich ihre Expansion in Grenzen halten. «Wir wollen den Prozess auch weiter- hin kontrollieren können.»

Ebenso wichtig, sagt Adrian Hoenicke, sei es ihnen, «die Leute kulinarisch zu inspirieren». Auf der Suur-Website findet man deshalb eine wachsende Anzahl an Rezepten. Sie sollen zeigen, dass saures Gemüse nicht nur eine gute Raclettebeilage ist, wie ursprünglich gedacht. Auch Burger, Hotdogs oder gar Desserts lassen sich damit aufpeppen. Zur Not sogar ein langweiliges Tomaten-Mozzarella-Sandwich.

WWW.SUUR.CH

Produkte gibt es online oder z.B. im Bachsermärt (Badenerstr. 171/Seefeldstr. 29). Mehr Läden siehe Website.